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Motzmittwoch: Erziehung trotz Betreuung?

Sie geht mal wieder um – eine Welle von Nachrichten zum Thema Kinderbetreuung. Aktueller Schwerpunkt: die Grundschule. Auch für mich ist dieses Thema interessant, denn Melina wird nächstes Jahr eingeschult. In den Kommentaren unter den Artikeln bilden sich nach nur kurzer Zeit zwei Gruppen.

Gruppe eins: Kinder müssen zu hause von ihren Eltern betreut und erzogen werden. Ein gern gewähltes Argument: Die Zukunft von morgen sollte wichtiger sein, als die Arbeit.

Gruppe zwei: Ganztagsbetreuung an Schulen, um flexibler oder gar in Vollzeit arbeiten gehen zu können.

Gemeinsames Merkmal: Gerne wird nur von den Müttern gesprochen, nicht explizit auch von Vätern oder gar Eltern.

Angebot, keine Verpflichtung

Mir kamen beim Lesen eigentlich nur zwei Gedanken: Zum einen geht es um ein Angebot, keine Verpflichtung und zum anderen sollten auch die Alleinerziehenden bedacht werden. In einer Gesellschaft, in der Berufe zunehmend im Schichtdienst und an 365 Tagen im Jahr ausgeübt werden müssen, muss eine Betreuung durch Fachpersonal möglich sein. Nicht jeder ist in der Situation in Teilzeit gehen zu können oder zu wollen – egal ob alleinerziehend oder nicht.

Ich habe vor zwei Wochen erst darüber geschrieben, dass Kita für mich keine Fremdbetreuung ist. Und ich hoffe, dass sich meine Große auch in der Betreuung in der Schule wohl fühlen wird. Denn ja, ich möchte arbeiten gehen. Über ein Ganztagsangebot würde ich mich auch freuen, denn wenn der Musiklehrer in die Schule kommt, muss ich nicht weniger arbeiten, „nur“ um sie zur Musikschule zu fahren und dann vor der Tür zu warten.

Schon jetzt merke ich, wie wichtig Melina und Freddie die sozialen Kontakte sind. So schön also die gemeinsame Zeit zwischen mir und meinen Kindern ist, so schön finden sie eben auch das Toben mit ihren Freunden.

Und was ist mit den Vätern?

Entgegen vielen anders lautenden Kommentaren bin ich der Meinung, dass ein Kind trotz Betreuung im Hort zu hause erzogen werden kann, sogar muss. Das eine schließt das andere nicht aus. Wie bereits geschrieben, wird in solchen Momenten immer die Mama erwähnt, die sich doch bitte zu hause um Betreuung, Essen und Hausaufgaben kümmern solle. Heißt das, der Vater geht Vollzeit oder gar mehr arbeiten? Mh. Nach der Logik müsste der Vater dann ja aber auch keine oder zumindest eine schlechte Bindung zu seinen Kindern haben. Immerhin ist er kaum da, kümmert sich nicht im Alltag um die Bedürfnisse. Und würde folglich auch nicht erziehen. Und was macht das eigentlich mit den Kindern?

Wäre es da nicht da besser, wenn die Frau mitverdient, den Mann so entlastet und ihm vielleicht auch die Chance gibt, an der Kindheit seines Nachwuchses aktiv teilzuhaben? Sind wir unseren Kindern nicht auch das schuldig?

Mir erschließt sich diese Logik nicht, ich gebe aber in einem Punkt Recht: Die Qualität der Kinderbetreuung muss stimmen. Im Kinder- und Jugendhilfegesetz steht, dass ein Erziehungs-, Bildungs- und Betreuungsauftrag bestehe. Es geht nicht mehr nur, wie Ende des 18. Jahrhunderts, um die Beaufsichtigung der Kinder.

Was ist Erziehung?

Oder ist die Definition der einzelnen Begriffe das Problem? Was heißt denn Erziehung? Sind das Regeln, die aufgestellt werden. Ist es das, was Erwachsene vorleben? Müssen das Eltern sein oder können das auch Großeltern oder Erzieher sein? Ich bin ein Anhänger des Vorlebens. Und dazu gehören für mich auch Arbeiten und Geldverdienen.

Noch mal zu den Alleinerziehenden. Sie tragen die finanzielle Last alleine, können vielleicht nicht auf Teilzeit runter. Für sie zur Entlastung und für die Kinder ist die Möglichkeit einer Betreuung absolut notwendig.

Mich stört dieser fade Beigeschmack in diesen Diskussionen: Betreuung ist nur von Eltern gut. Nein, leider nicht immer. Und genau deshalb finde ich ein breites Angebot gut. So kann jede Familie für sich das passende Modell wählen. Denn ich glaube nicht, dass betreute Kinder schlechter oder weniger erzogen sind.

Wie seht ihr dieses kontroverse Thema?

Liebe Grüße, Eure Jette!



4 thoughts on “Motzmittwoch: Erziehung trotz Betreuung?”

  • Liebe Jette, vielen Dank für diesen Text. Weißt du die ersten zwei Jahre habe ich versucht das alles alleine zu wuppen. Die ersten zwei Kindergarten Jahre. Ich arbeite nur nachts. Dann habe ich mir einmal die Woche eine Betreuung dazu geholt. Ich hab geweint ich hab getobt ich wollte das alles schaffen. Und am Ende es war die beste Lösung für alle. Heute drei Tage vor der Einschulung bin ich mir sicher das die Variante drei mal die Woche nach der Schule das Kind im Hort zu lassen perfekt für uns ist. Sie war schon dort und fühlt sich wohl. Ich arbeite wieder vermehrt Nacht und schicke sie am Nachmittag in ihr Zimmer weil ich arbeiten muss. Gerade weil ich von zu Hause arbeite ist es für sie schwer zu trennen. Verständlich. Ich glaube daran dass wenn sie dort spielt und mit Freunden zusammen ist uns allen mehr geholfen ist. Schließlich ist ja auch ein Einzelkind. Was nicht bedeuten soll das mit mehreren Kindern einfacher ist. Aber sie hat halt nur nicht wenn sie hier ist und kein Freund in der Nähe. Ich glaube jede Familie darf das für sich alleine anschauen Auswegen und auch entscheiden. Wir alle laufen und unseren eigenen Schuhen und sehen die Situation der andere nur von außen. Man darf auch mal ausprobieren. Man darf versuchen. Solange sie nahm dabei schlecht geht. Und wenn es das tut dann ändert man etwas. Vielleicht rede ich in zwei Monaten ganz Anders. Vielleicht doch in einem Jahr oder in drei. Wir werden sehen. Ich entscheide für jetzt und diese Entscheidung fühlt sich gut an. Ich finde es schade dass es immer nur zwei Lager gibt. Das eine Lager pro das andere contra und dazwischen wird nicht zugelassen. Das ist das was ich viel schwieriger finde.

    Liebste Grüße
    deine Jess

    • Liebe Jess, danke für deinen ehrlichen Kommentar. Ich möchte auch weder das eine noch das andere verteufeln. Deine Mixvariante Stelle ich mir für dich anstrengend vor – für deine Kleine aber sehr schön. Freunde und selbstbestimmte Zeit. Aber wie geschrieben sind Kita und Hott schon lange nicht mehr nur zum Beaufsichtigen da. Sie haben auch einen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Warum nicht nutzen?

  • Liebe Jette, Erziehung bedeutet für mich einen Rahmen geben und dieser Rahmen sollte auch mit sozialem in Kita oder Schule gefüllt werden. Ich halte das für sogar sehr wichtig. Diese Nummer mit mein Kind sollte nir daheim betreut werden halte ich für Mist,denn wie soll das Kind dann jemals lernen wie sozialgefüge ausserhalb funktionieren? Lg alu

    • Gute Punkte und so wahr! Selbst im Urlaub meinte Melina, sie möchte wieder in die Kita. Ich war erst traurig, aber auch Nachfrage meinte sie, ihre fehlen ihre beiden besten Freunde. Und das wiederum fand ich sehr schön und wichtig!

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